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Auswirkungen der EU-Batterieverordnung für Hersteller und Händler: Rechtssicherheit oder Chaos?

Schon im nächsten Monat werden die ersten Regelungen der Batterieverordnung gelten. Voraussichtlich Anfang 2025 treten die Regelungen der Verpackungsverordnung in Kraft. Ganz im Sinne des europäischen Green Deal lösen zwei neue EU-Verordnungen die bisherigen Richtlinien zu Batterien und Verpackungen ab.

Beide Verordnungen entfalten in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbare Wirkung. Das war bei den „alten“ Richtlinien nicht der Fall, was für Unternehmen zu rechtlicher Unsicherheit, enormen Aufwand und hohen Kosten im europäischen Binnenmarkt geführt hat. Die EU will durch harmonisierte Vorschriften u.a. Hindernisse für Unternehmen beseitigen, die in mehreren Mitgliedstaaten batteriebetriebene Produkte verkaufen und Verpackungen beim Verkauf von Waren in Verkehr bringen.

Bei vielen Unternehmen dürfte die Hoffnung aufkeimen, dass nun der europaweite Verkauf von Produkten einfacher und rechtssicherer wird. Aber stimmt das wirklich? Wir haben uns die Neuerungen einmal angeschaut:

Lieferanten müssen geprüft und neue Sorgfaltspflichten eingehalten werden

Verkäufer müssen neue Pflichten einhalten. Ohne erfolgreiche Überprüfung gilt für die Produkte ein Vertriebsverbot.  Zum einen, müssen die Lieferanten dahingehend überprüft werden, ob eine Registrierung gemäß der sogenannten erweiterten Herstellerverantwortung vorliegt. Zum anderen müssen sich Verkäufer vergewissern, dass die Batterien korrekt gekennzeichnet und ihnen eine Betriebsanleitung und Sicherheitsinformationen beigefügt wurden. Beim Verkauf bestimmter Batterietypen, müssen zusätzliche Unterlagen und Informationen z.B. zumCO2-Fußabdrucks, zum Rezyklatgehalt und zur Leistung und Haltbarkeit der Batterien zur Verfügung stehen.

Wie auch beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) spielen auch in der EU-Batterieverordnung Sorgfaltspflichten eine wichtige Rolle. Die hier definierten zusätzlichen Sorgfaltspflichten betreffen aber erheblich mehr Unternehmen als beim LkSG. Verschiedene Akteure in der Lieferkette, die einen bestimmten Jahresumsatz überschreiten, haben unterschiedliche Sorgfaltspflichten einzuhalten. Die Sorgfaltspflichten sind auf menschenrechtliche und umweltbezogene Fragen entlang der gesamten Lieferkette gerichtet.Dabei sind nicht nur Batterieproduzenten betroffen, sondern auch Unternehmen, die Produkte inklusive Batterien verkaufen.

Die Compliance-Nachweise unterscheiden sich von Land zu Land

Schon heute müssen sich Unternehmen, die Produkte an Endkunden in andere Länder verkaufen, grundsätzlich überall separat registrieren und z.B. die Einhaltung der jeweiligen Rücknahme-, Entsorgungs- und Recyclingverpflichtungen in jedem Land einzeln gewährleisten. Die neuen Verordnungen verpflichten nun explizit Onlinemarktplätze wie Amazon und eBay dazu, jeden Händler hinsichtlich der Einhaltung der genannten Bestimmungen zu überprüfen und Nachweise zu verlangen. Deshalb wird vielen Unternehmen, die heute noch nicht gesetzeskonform arbeiten, der Verkauf der Produkte zukünftig auch faktisch nicht mehr möglich sein.

Für Unternehmen ist das Erbringen der unterschiedlichen Nachweise mit einem enormen Aufwand und hohen Kosten verbunden. Auch wenn die EU mit Hilfe der Verordnungen zu einer europaweiten Harmonisierung und zum Abbau von Marktzugangsvoraussetzungen beitragen möchte, müssen sich die Unternehmen in jedem Land weiterhin einzeln registrieren.

Risiken für Händler

Die einzelnen Länder sind für die konkrete Organisation, Anwendung und Durchsetzung der Verordnungsinhalte zuständig. Deshalb ist es weiterhin schwer nachvollziehbar, was in welchen Ländern mit welchen Fristen zu beantragen, nachzuweisen und zu melden ist. Für einzelne Pflichten existieren unterschiedliche Übergangsfristen und den Ländern wurde erheblicher Handlungsspielraum gewährt. Auch das erhöht das Risiko der Pflichtverletzung, was für Unternehmen Sanktionen und andere Konsequenzen zur Folge haben kann.

Sanktionen und Konsequenzen

Trotz der bestehenden Schwierigkeiten sollten Unternehmen ihren Verpflichtungen unbedingt nachkommen. Konsequenzen ergeben sich von zwei Seiten: Zum einen drohen in den einzelnen Ländern Sanktionen in Form von Geldbußen oder Vertriebsverboten von staatlicher Seite. Außerdem drohen wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen mit Marktbegleitern oder Umweltorganisationen. Obendrein besteht die Gefahr von Imageschäden und Shitstorms.

Wie sollen sich Unternehmen dazu verhalten

Die Erfüllung der EPR-Compliance-Anforderungen wird immer komplexer und relevanter. Mit dem ständigen Wandel in der Gesetzgebung und der länderspezifischen Rechtsprechung können Unternehmen oft nicht mehr Schritt halten. Ein ständiges Monitoring der Änderungen durch Experten ist deshalb essentiell, um hohe Sanktionen oder Vertriebsverbote zu verhindern. Bei dem Monitoring und der Erfüllung der individuellen Pflichten in den jeweiligen Ländern helfen üblicherweise Rechtsanwälte und professionelle Berater. 


Über die Autoren:

Christophe Schneider ist Co-Founder und Unternehmensberater für internationale Produkt-Compliance bei der Unternehmensberatung WEE Enable IT Consulting. Auf Basis seiner langjährigen Erfahrung berät Herr Schneider international agierende Unternehmen und hilft diesen bei der praktischen Erfüllung ihrer individuellen Pflichten der Extended Producer Responsibility (EPR) in ganz Europa.

Henrik Nikolai Möllring ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei Dr. Schwarz & Collegen in Hamburg. Er berät mittelständische Unternehmen sowohl in gesellschaftsrechtlichen Fragen, als auch bei individuellen Rechtsfragen des operativen Geschäfts. Seine Tätigkeit erstreckt sich über die Rechtsberatung, Verhandlungsführung und Vertragsgestaltung hinaus auch auf die deutschlandweite Vertretung in gerichtlichen Verfahren.